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Martin Rost
Publikationen

Aus dem Vorwort...

Im Gutachten »Grundfragen des Datenschutzes« von 1971 wurde die Privatsphäre - wie die ganze Sphärentheorie - als Bezugspunkt für die rechtliche Regelung des Datenschutzes explizit als untauglich verworfen. Aber warum wird die Privatsphäre in der aktuellen Diskussion dann wieder so in den Mittelpunkt gestellt? Privacy sei das »right to be let alone« - das Recht, allein gelassen zu werden. Aber warum galt es denn dann in den sechziger Jahren als ausgemacht, dass Individuen sich auch in der Öffentlichkeit auf ihr Recht auf Privacy berufen können?

Die Datenschutzdiskussion der vergangenen Jahre entspricht strukturell und thematisch den Diskussionen der sechziger und siebziger Jahre: Heute wie damals geht es um Informationsexplosion, Datenintegration und intra- und internationalen Informationsaustausch. An die Stelle staatlicher Planungsinformationssysteme als prototypischer Risikotechnologie ist heute das Internet getreten, Facebook und Google haben die Kreditauskunfteien als herausstechendste Gefährder im privaten Bereich ersetzt. Die Datenspeicherungs- und Datenverarbeitungskapazitäten sind um Größenordnungen gewachsen und der Grad der Automatisierbarkeit und der Automation der Datenverarbeitung hat drastisch zugenommen - die gesellschaftlichen Informationsverarbeitungsfähigkeiten wurden dabei mitgerissen. Und immer noch - oder schon wieder - gibt es Stimmen, die den Datenschutz für überholt halten. Vor allem aber steigt die Zahl der Unwissenden, die sich zum Thema meinen äußern zu müssen: Dass sich der datenschutzrechtliche Begriff »Datum« auf Informationen im Sinne der Semiotik bezieht - vergessen oder nie gewusst? Dass selbst der »Individualdatenschutz« nicht nur individualistisch, sondern auch mit Hilfe Luhmanns soziologischer Systemtheorie, die auf die Funktionen und Strukturen von Sozialsystemen abstellt, erklärt wurde - vergessen oder nie gewusst? Dass die prozessorientierte Beschreibung der Informationsverarbeitung in Organisationen, die zur Grundlage der rechtlichen Regulierung gemacht wurde, Anfang der siebziger Jahre dem Stand der Wissenschaft - der Kybernetik, also auch einer Systemtheorie - entsprach - vergessen oder nie gewusst? Dass »Privacy by Design« keineswegs neu ist, sondern schon Ende der sechziger Jahre als selbstverständliche technische Anforderung an datenverarbeitende Systeme galt - vergessen oder nie gewusst? Kurz: Der aktuellen Datenschutzdiskussion fehlt es sowohl an historischem Bewusstsein wie an theoriegestützter Analysefähigkeit.

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