Meshcore nutzen - Kommunikation auch bei Dunkelheit und Kälte

23.12.2025, Version: 0.2b
https://www.maroki.de/pub/technik/mc_nutzen.html


Ich habe diesen Text zum Einstieg in Meshcore verfasst, wie ich ihn als Meshcore-Neuling, der im Internet nach einer Einführung fahndet und dem die Technik dahinter erst einmal egal ist, gern gelesen hätte.

Gliederung

Was ist Meshcore?

Meshcore bezeichnet einen Standard, mit dem man Nachrichten im SMS-Format verschicken kann. Über kleine Funkgeräte. Das Funken in diesem Frequenzbereich von 868MHz ist für jede und jeden erlaubt und kostenlos. Man besorgt sich ein kleines Funkgerät, installiert eine App auf dem Handy, verbindet Handy und Funkgerät per Bluetooth und legt los.


Abb. 1: Meshcore-Repeater in Deutschland (Stand: Mitte
Dezember 2025,
https://meshcore.co.uk/map.html)

Das Tolle an Meshcore ist, dass man darüber Nachrichten über viele Kilometer austauschen kann, vollkommen unabhängig von Stromversorgung, Handynetz und Internet, in einem Stadteil, in einem Dorf, unter Verwandten und Freunden. Und zwar genau dann, wenn es wirklich mal drauf ankommt, dass man sich kurz miteinander besprechen kann.

Ein Meshcore-Funkgerät kostet in einer einfachen Variante, wie bspw. dem "Heltec-V3", 15 Euro, mit einem Akku ausgestattet kostet es 10 Euro mehr. Statt eines Akkus nur für das Funkgerät nutze ich bei Stromausfall eine meiner drei Powerbanks, mit der das Funkgerät einen ganzen Monat lang Tag und Nacht funktionieren würde. Ein zierlich-flaches Gerät für die Hosentasche, wie das Sensecap T1000-E, kostet 50 Euro. Ein kompaktes Funkgerät mit Akku und externem Antennenanschluss, wie bspw. das "Wio L1 pro", lässt sich für 70 Euro erstehen.


Abb. 2: Typische Meshcore-Funkgeräte
heltec-V3, T1000-E, Wio L1

Meshcore unterscheidet für den Betrieb des Netzes zwei Rollen: Nutzer ("Compagnion") und Repeater. Nutzer sind eben nur genau das, Nutzer*innen von Meshcore-Funkgeräten. Man kann ein solches Funkgerät auch als Repeater betreiben. Ein Repeater empfängt Nachrichten der Nutzer und sendet sie weiter. Nachrichten werden von Repeater zu Repeater weiter gereicht - die längste Kette an Nachrichten, die ich beobachten konnte, ging über 56 Repeater ("56 hops") -, das erhöht die Reichweite für Nachrichten natürlich enorm. Jede/r kann sich berufen fühlen, einen solchen Repeater aufzustellen. Das machen recht viele Nutzer*innen nach einiger Zeit: Ein Funkgerät befindet sich in der Wohnung im Haus, ein zweites Funkgerät läuft als Repeater und befindet sich knapp unter dem Dach, wenn die Reichweite eines Compagnions nicht ausreicht. Ein zusätzliches Gerät kostet wenig, ist nützlich auch für die Nachbarschaft und es erzeugt keine zusätzliche Strahlenbelastung; die Strahlungsenergie beim Senden von 50 mWatt für kaum eine Sekunde ist ein vernachlässigbar kleiner Bruchteil bspw. der eines Handys oder WLAN-Routers; die Beleuchtung eines Fahrrads braucht bspw. 2000 mWatt. Ich sage das deshalb, weil man manchmal skeptische Menschen, die bspw. einen Zugang zu einem Kirchturm haben, von der Ungefährlichkeit dieser Geräte überzeugen muss. Ich betreibe für mein Dorf einen solchen Repeater am Antennenmast meiner Satellitenschüssel, in etwa 10m Höhe. Dieser Repeater ist ganz leise aber gerade noch ausreichend in drei benachbarten Städten zu hören. Mit einem guten Standort in der Stadt (Wohnung in einem hohen Stockwerk) und jeweils einem Repeater in der Nähe, werden in meinem Fall Nachrichten über eine Repeaterkette von insgesamt 30km Länge ausreichend verlässlich transportiert. Das war mit WLAN im Kontext "Freifunk" immer der Traum, konnte aber auf dem flachen Land nie umgesetzt werden. Ich halte auf diese Weise gesicherten Kontakt zu Familienangehörigen. Und zwar hoffentlich gerade dann, wenn es wirklich mal drauf ankommt.


Abb. 3: Überreichweite, die Karte
zeigt Stationen, die nahe Kiel über
Tag empfangen wurden.

Damit man Nachrichten tauschen kann, muss so ein Meshcore-Funkgerät angeschaltet sein. Es handelt sich bei den Nachrichten nicht um E-Mails, die zwischengelagert werden und irgendwannn mal abgerufen werden können. Wenn das Funkgerät nicht in Betrieb ist, wird eine abgeschickte Nachricht nicht empfangen, diese Nachricht ginge verloren, was dem Absender selbstverständlich auch mitgeteilt wird.

Die Meshcore-Funkgeräte sind moderne Technikwunder, sie schaffen hohe Reichweiten mit ganz geringen Sendeleistungen und entsprechend geringem Stromverbrauch. Deshalb kann man solch ein Funkgerät an einem kleinen USB-Netzteil irgendwo ins Haus oder die Wohnung hinstellen, auch dann, wenn es absehbar vielleicht nur selten genutzt wird. Die Betriebskosten liegen im Dauerbetrieb bei höchstens 5 Euro im Jahr. Wenn man das Gerät nur im Krisenfall vielleicht für ein paar Tage nutzt, lässt sich gar nicht sinnvoll von Kosten sprechen. Ideal wäre: Aufbauen, anschalten, testen, vergessen, man ist wie mit den Messenger über Internet jederzeit erreichbar. Bei meinen Familienangehörigen steht das Teil in derem kleinen Vorratsraum, auf einem Bord über der Waschmaschine, mit getestet ausreichendem Kontakt zum nächsten Repeater, der auf einem Hochhausdach in ca. 1,5 km Entfernung lauert. Wenn es drauf ankäme, dass die Verbindung zustandekommt, würden sie ihn besser zum Repeater ins Fenster platzieren.

Es gibt inzwischen viele Webseiten mit Einführungen zu Meshcore. Weil es sich um eine relativ junge Entwicklung handelt - der Standard wird als Open Source entwickelt, die App für Android ist dagegen nicht Open Source -, sind diese Einführungen recht techniklastig; die Pioniere unterrichten sich gegenseitig darüber, wie diese Funkgeräte grundsätzlich funktionieren, wie man sie unter verschiedenen Bedingungen ingangsetzt und konfigurieren kann.

Der Einstieg für Nutzer*innen

Nachfolgend zeige ich die wesentlichen Funktionen der App, um den Einstieg in die Nutzung von Meshcore zu finden.


Abb. 4: Oberfläche der Meshcore-App beim ersten Öffnen, die Optionen

Nachdem die Meshcore-App auf dem Handy oder Android-Tablet installiert ist, kann man per Bluetooth Kontakt zum Funkgerät aufnehmen. Bluetooth an, App starten, es wird einem das Funkgerät angezeigt. Bei der allerersten Kontaktaufnahme muss der Bluetooth-Code, den das Funkgerät zur Authentifizierung verlangt, einmal eingegeben werden. Dieser Code lautete bei den meisten meiner Meshcore-Funkgeräten "123456". Bei den erst vor Kurzem bei mir frisch eingetroffenen Geräten, die ich Freunden zu Weihnachten schenken wollte, waren die Pins Zufallszahlen, die angezeigt wurden. Nach der Ersteingabe wird bei den weiteren Nutzungen der App keine Code-Angabe mehr verlangt, die Geräte verbinden sich ohne weitere Nachfrage.

Meshcore-Map: Sind Repeater bei mir in der Nähe? -
https://meshcore.co.uk/map.html

Das Gerät muss vor der ersten Nutzung konfiguriert werden. Man muss die Frequenz und Format einstellen, mit dem es funken soll. Dazu tippt man in der oberen Reihe rechts das Zahnrad an, im neuen Fenster dann, etwa in der Mitte des Fensters angeordnet "Choose Preset". Es hat sich in den letzten Wochen in Deutschland unter den Repeater-Betreibern das Format "UK/EU (narrow)" als Standard herausgebildet. Ich schlage vor, vor der Konfiguration erst einmal hier noch weiter zu lesen, ich komme am Ende des Texte erneut auf diese Einstellung zurück und bespreche die dann noch etwas ausführlicher. Im Moment soll erst erst einmal darum gehen, das gesamte Konzept der Nutzung zu verstehen.

Das war es. Alle anderen Einstellungen des Geräts kann man so belassen wie voreingestellt. Mit zunehmendem Verständnis möchte man einige Einstellungen ändern bzw. an die eigene Situation besser anpassen, wie bspw. die Angabe des Standorts, ob überhaupt und wenn ja, wie präzise.

So, und nun will man als Neuling zunächst eigentlich nur erkennen, ob man die Repeater oder die Funkgeräte anderer Nutzer, die übrigens als "Compagnions" bezeichnet werden, empfängt und ob das eigene Funkgerät überhaupt funktioniert. Dazu kann man nun einfach mal ne Runde abwarten.

Abwarten kann heissen: Funkgerät anlassen, die App auf dem Handy beenden, und in ein paar Stunden die App im Handy wieder starten, ins Funkgerät einloggen und nachschauen, da sollte sich was getan haben, zumindest wenn man sich nicht ganz allein fernab der Zivilisation und in einer Wüste befindet. Man kann vor dem Beenden der Meshcore-App und Abwarten einen so genannten "Advert" (übersetzt: "Bekanntmachung") abschicken. Dazu klickt man oben auf das 3. Symbole von Rechts, auf den doppelt eingeklammerten Punkt und im sich anschließend öffnenden Fenster auf die Option "Advert - Flood Routed". Nach Antippen werden alle Repeater in Deiner unmittelbaren Nachbarschaft und weitere Repeater in der Nachbarschaft der unmittelbaren Repeater über die neue Existenz Deines Funkgeräts in Kenntnis gesetzt. Dieses überfallartige Verschicken von ungerichteten Nachrichten über viele Repeater hinweg wird Fluten ("Floods") genannt. Dieses Fluten ist eine charakteristische Eigenschaften sogenannter Meshnetze; Meshnetze organisieren sich auf diese Weise selber, es muss keine steuernde Verwaltungsinstanz geben, die die verschiedenen Rollen und Funktionen zuweist. Sowohl Adverts als auch Nachrichten werden bei Meshcore vielfach im Flood-Modus verschickt, es sei denn, die Nutzer geben den Pfad bis zum Empfänger der Nachricht explizit an. Repeater kennen nach kurzer Zeit die Pfade zu ihren bachbarten Funkgeräten und über die Repeater hinweg zwischen Absender und Empfänger und merken sich diese.

Die Regel für das Auslösen von Adverts durch Nutzer*innen lautet: Wenn ein neuer Standort des Funkgeräts eingenommen wird, dann einmal(!) einen Advert abschicken. Einmal, reicht. Eine vernehmbare Reaktion bekommst Du auf Deinen Advert nicht. Auch Repeater verschicken solche Adverts regelmäßig. Wenn Dein Gerät entsprechend konfiguriert ist, werden Dir die Funkgeräte, die Adverts geschickt haben, automatisch in der Contacts-Liste angezeigt. Wenn Repeater-Betreiber neu im Geschäft sind, dann konfigurieren sie sie gern so, dass sie einen Advert pro Stunde verschicken. Wenn Repeater bekannt sind, dann reicht nur einer am Tag. Ältere Repeater müssen nicht mehr auf sich aufmerksam machen, sie sind im Netz bekannt. Mein Dorf-Repeater schickt einen Advert bspw. einmal am Tag. Damit Kommunikation gelingen kann braucht es... [Tiefsinnan] vor allem Ruhe ... und ... Zuhören [/Tiefsinnaus]. Gerade am Anfang ist es schön, wenn man sieht, dass sich irgendwas im Netz tut, man drückt und tut und sendet... Geh mal davon aus, dass alles mit Deinem Gerät okay ist, Dein Gerät funktioniert ganz bestimmt, und es wird Repeater in Deiner Nähe geben, hab Geduld. Wenn man vermutet, dass man in seiner Gegen doch ganz allein hockt, kauft man sich halt zwei Geräte und fängt an damit zu spielen. So war mein Einstieg. Der Durchbruch kam dann in der benachbarten Stadt, in der bereits eine Repeater-Infrastruktur etabliert war.


Abb. 5: "Contacts", die Liste mit Kontakten

Und wie kommuniziert man nun mit dem Gerät?

Für Kommunikation über Nachrichten kann man sich fortan auf die untere Reihe der App konzentrieren.

Unten ganz rechts kann man map antippen und dadurch eine Karte aufrufen, in die die Standorte der Stationen, die man gehört hat, automatisch eingetragen werden. Das ist natürlich sehr komfortabel. Beim ersten Aufruf der Karte wirst Du vermutlich noch keine Station sehen, das wird sich aber ändern.

Dann folgt in der Mitte "Channels" und links "Contacts", zunächst zu Contacts.

Unter Contacts werden alle Repeater und alle Funkgeräte, die man empfangen hat, aufgelistet. Es werden in der linken Spalte drei Typen von Symbolen gezeigt: Repeater, Nutzer und "Rooms". Rooms sind Mailboxen, die theoretisch sinnvoll, in der gegenwärtigen Umsetzung aus meiner Sicht aber noch nicht sonderlich nützlich sind, weshalb ich dazu nichts weiter ausführe. Wenn zusätzlich ein orangener Stern am Symbol befestigt ist, handelt es sich um einen Repeater, den ich meiner Favoritenliste zugefügt habe, weil ich den bevorzugt nutze.


Abb. 6:
Die drei Typen
von Kontakten

Klickt man auf einen Nutzer, dann öffnet sich ein Chatfenster, das genau so aussieht, wie man es von vielen Messenger-Apps kennt. Man schreibt eine "SMS" an diese*m Nutzer*in, und erhält dann nach ein paar Sekunden eine Nachricht zurück, sofern das Versenden und Empfangen über vielleicht mehrere Repeater ("hops") hinweg funktioniert hat. Nutzer sind erst bekannt und werden hier gelistet, nachdem sie einen advert geschickt haben oder nachdem sich die Nutzer über ihre Handy direkt miteinander bekannt gemacht haben, bspw. über QR-Codes.

Klickt man statt auf einen Nutzer auf einen Repeater, werden einem die Eigenschaften des Repeaters angezeigt, u.a. seinen Namen, der Standort, wann man zuletzt von ihm gehört hat oder wie viele Hops er entfernt ist. Besonders interessant ist links oben die Option "Manage". Klickt man die an, kann man sich Zutritt zu diesem Repeater verschaffen, um ihn fernzuwarten also zu konfigurieren. Wenn es der eigene Repeater ist, muss man ein Passwort eingeben, das man bei der Installation des Repeaters gesetzt hat. Man wartet 10 Sekunden und kann ihn dann über Funk konfigurieren.


Abb. 7: Channels, die Liste mit Kanälen,
zu Beginn gibt es nur den Kanal "Public",
der von allen Meshcore-Nutzer*innen
weltweit genutzt wird (keine Sorge, man
sieht nur die Nutzer*innen der näheren
Umgebung.)

Nun zu den Channels.

Klickt man zum ersten Mal auf Channels, öffnet sich ein Fenster, in dem ein Channel gezeigt wird nämlich "Public". Dieser Channel ist standardmäßig auf jedem Meshcore-Funkgerät vorinstalliert.

Public ist ein öffentlich zugänglicher Kanal für alle Meshcore-Nutzer*innen. Hier kann man bspw. mal ein "Hallo" eintippen und gucken ob was passiert. Weil am Anfang Nutzer vor allem an ihrer Reichweite interessiert sind, könnte man etwas sinnvoller ein "Hallo aus XXX, kann das jemand lesen?" verschicken. In der Hoffnung, dass sich jemand erbarmt, der sich an seine eigenen ersten tapsigen Schritte erinnert und ein paar nette Worte zurück schreibt. In großen Städten kann hier sehr viel geplappert werden, in kleinen Dörfern kann dieser Kanal geeignet sein, um die gesamte Dorfkommunikation darüber abzuwickeln.


Abb. 8: Die Optionen unter den drei
Punkten rechts oben

Man kann private Kanäle einrichten, um auf diese Weise mit einer einzigen Nachricht unterschiedliche Gruppen von Menschen exklusiv zu erreichen. Neue Channels muss man einrichten, also richtet man den Blick in der App wieder nach oben, und klickt dort ganz rechts auf die drei Punkte. Es öffnet sich ein Fenster mit der Option "+ Add Channel". Es öffnet sich daraufhin ein weiteres Fenster, mit einer Auswahl an vier verschiedenen Typen von Channels.


Abb. 9: Kanal-Typen

Einen "Privat Channel" würde man typischerweise für vertrauliche Kommunikation mit Nachbarn, Freunden und Verwandte einrichten, klar. Alle Nachrichten in Meshcore sind verschlüsselt, und in unterschiedlichen Kanälen wiederum auch unterschiedlich verschlüsselt. Das Konzept dahinter sieht deshalb wie folgt aus: Mit dem Einrichten eines Kanals wird ein Verschlüsselungsschlüssel erzeugt. Der Schlüssel besteht aus einem 128 Zeichen langem Buchstabensalat. Alle Nutzer*innen, die über diesen gemeinsamen Buchstabensalat-Verschlüsselungsschlüssel verfügen, können den Kanal gemeinsam benutzen. Also muss man nun dafür sorgen, dass der Schlüssel, der beim Anlegen "Create" des Kanals erzeugt wurde, an die anderen Mitglieder gelangt. Jede/r kann dem Kanal dadurch "beitreten", indem sie die "Join a private Channel" antippen und in dem vorgesehen Feld den Schlüssel kopieren. Man kann diesen Schlüssel bspw. per E-Mail oder einem anderen Messenger verschicken bzw. erhalten. Oder man kann, wenn man irgendwann mal zusammensitzt, auch den QR-Code des Schlüssels einlesen. Ich habe das so gemacht, dass ich auf meinem Handy die Funkgeräte meiner Freunde eingerichtet hatte, dort den Schlüssel kopierte, aus dem ersten Funkgerät ausgeloggt, ins zweite Funkgerät eingeloggt, und nach "Join the private Channel" den Schlüssel dort in das vorgesehene Feld reinkopiert hatte. Das war es.


Abb. 10: Kanal-Namen vergeben
und den Schlüssel mit dem
Buchstabensalat bei
"Secret Key (hex)" eintragen

Mit "# Join a Hashtag-Channel" wird bei Meshcore ein Problem gelöst, das zwischen privat und öffentlich liegt: Man möchte im Prinzip alle Nachbarn spontan erreichen können, die man gar nicht so richtig kennt, schon gar nicht mit Namen, und für die es einfach zu kompliziert wäre, einen gemeinsamen eigenen "Private Channel" einzurichten. Für mein Dorf habe ich deshalb "#Dorfname" eingerichtet. Die Folge: Alle Nutzer, deren Funkgeräte sich vorher schon einmal, bspw. aufgrund eines adverts, gehört hatten, können in diesem Channel schreiben und einander lesen. Das ist eine richtig gut funktionierende Lösung, die für die Durchdachtheit des gesamten Meshcore-Konzepts steht. Natürlich muss man wissen, welche #-Tags es in der Umgebung so gibt, man kann sie in Städten bzw. Stadtteilen einfach leicht erraten; man kann solch einen Kanal-Bezeichner natürlich auch über den Public Channel verschicken. Außerdem hat sich offenbar die Verwendung für "#ping" eingespielt, um Reaktionen von anderen Nutzer*innen, oder vielleicht auch bots?, zu erbitten.


Abb. 11: Settings, Einstiegsbildschirm
Dort können Name und GPS-Position
von Hand eingetragen werden.
Wichtig: "Choose Preset"!

Das war die wesentliche Konfiguration und Funktion eines Meshcore-Funkgeräts mit der zugehörigen Android-App, um loslegen zu können.

Zurück noch mal zur Grundkonfiguration der "Settings", dort lässt sich vieles einstellen. In die Grundkonfiguration gelangt man, wenn man oben auf das Zahnrad, zweites Symbol von rechts, tippt.

Scrollt an im Setting-Fenster ganz nach unten unten, findet sich die Option "Device Info", nach Antippen wird man über die Auslastung des zur Verfügung gestellten Speichers des Funkgeräts informiert. Einige Fungeräte bieten oft nur 100kB Speicher. In diesen Fällen muss man darauf achten, recht früh Kontakte und Chatverläufe zu löschen.

Den "Namen", den das Funkgerät trägt und der im Netz angezeigt wird - und den man ganz zu Beginn der Settings bestimmen kann -, kann man jederzeit ändern. Ich habe bei inzwischen wohl mehreren Hundert Kontakten, die ich in Contacts gelesen habe, aber noch nie "Vorname Nachname" gelesen, obwohl das vom Konzept her naheläge: Ein Gerät = eine Nutzer*in. Funkamateure geben hier bspw. gern ihr Rufzeichen an, andere verweisen auf ihre Webseite, einige wenige schreiben ihre Mailadresse hinein. Letzteres kann sinnvoll sein insbesondere in Gegenden mit wenig Funkverkehr. Dort besteht verstärkt die Neigung, Kontakt zu anderen Nutzer*innen zu suchen, damit man sich gegenseitig helfen kann, um das Repeater-Netz in seiner Umgebung aufzubauen.


Abb. 12: Radio Setting, das sich
als Standard in der EU festigt:
"EU/UK (Narrow)"

Etwas fortgeschrittenere Nutzung...

Meshcore und Meshtastic - Meshtastic ist ein anderer, aktuell sogar noch etwas verbreiteter Vernetzungsstandard mit dem gleich Typen an "Lora"-Funkgeräten - funktionieren naheliegenderweise nur dann wirklich gut, wenn ein Netz von Repeatern eine weiträumige Nutzung selbst bei schlechten Standorten der Nutzer*innen ermöglicht.


Abb. 13: Heltec-V3, wird typisch als
"Package" verschickt, was Kosten
spart. Die wenigen Teile
zusammenzusetzen ist trivial.

Wenn man bereit ist, ca. 150€ auszugeben und über einen guten Standort verfügt - d.h.: je höher und freier, desto besser - dann könnte man bspw. den "Seeed Studio SenseCAP Solar Node P1-Pro" installieren und als Repeater betreiben, der Dank eines kleinen Photovoltaik-Panel und 4 Akkus vom Typ 18650 (mit Polspitze) autark funktioniert. Ab und an etwas Fernwartung, das war es an Versorgung und Pflege. Oder man vergisst ihn ganz; dezent montiert auf einem Hochstand für Jäger*innen am Feldesrand in funkstrategisch hervorragender Lage einer Anhöhe mit weitem Blick übers Land. Man kann durchaus die Billigversion des P1 ohne GPS nehmen; man kann bei lokalen Betrieb die Positionsdaten des Repeaters einmal von Hand eintragen. Bis zu dieser Ausbaustufe bekommt man das Ensemble auch schon für 100€, wenn man eine stabilere Antenne montieren möchte, kämen noch mal rund 50 Euro dazu.


Abb. 14: Sondertools

Ein sehr nützlicher Befehl, der auch bei mäßiger Nerdneigung für stundenlangen Spaß sorgen kann, ist "trace", der wie ein "ping" über mehrere Repeater hinweg funktioniert. Wenn man Reaktionen von Repeatern erhalten möchte, dann nutzt man "trace". Ein "advert" auszusenden oder einen "ping (zero)" auszulösen hilft wie gesagt nicht. Dazu die drei Punkte rechts oben antippen, dann "Tools", dann "Trace Path Manual". Danach kann man im Eingabefeld die Kette an Repeatern angeben, von denen man testen möchte, ob man sie erreicht, bspw. weil man weiss, dass eine wichtige Nutzerin über diesen Repeater erreichbar wäre. Beim ersten Mal die Meshcore-Map öffnen und dort nach einem Repeater Ausschau halten, von dem man annehmen kann, dass er vielleicht erreichbar ist. Dafür gibt es die Meshcore-Map (Sind Repeater in der Nähe? https://meshcore.co.uk/map.html) im Web.

Auf der Karte den gewünschten Repeater antippen und anschließend die ersten beiden Zeichen des "Public Key" merken. Diese beiden Zeichen lassen sich für diese Pfadliste von trace nutzen. Jeden Abend mache ich einmal kurz den Test, ob "meine" Repeater in den drei Nachbarstädten erreichbar sind. Ich gebe dafür die ersten beiden Zeichen des "Public Keys" eines Repeaters für den Hin- und den Rückweg ein. Konkret: Von meinem Hausrepeater "b9" ausgehend gebe ich den für mich wichtigsten Repeater in Kiel an ("18"), die Kette lautet insgesamt "b9, 18, b9". Oder wenn ich einen Nutzer, vergraben zwischen den Häuserwänden in der Gartenstraße in Kiel, dessen Repeater dort ein "9b" hat, erreichen möchte, teste ich den Pfad bis zur Gartenstraße mit "b9, 18, 56, 9b, 56, 18, b9". Man muss damit rechnen, dass ein solch langer Trace über hin und zurück 7 hops nicht heil durchkommt, mehrere trace-Versuche können nötig sein. Damit solch ein Versuch gelingt, muss jeder der beteiligten Repeater darauf warten, einzig und allein meinen Trace transportieren zu dürfen. Bei wichtigen Repeatern einer Stadt ist das unwahrscheinlich, dass er so unterbeschäftigt ist. Wenn man weiss, wie gering die Sendeleistung ist, dass die Sendezeiten in diesem Funkstandard zeitlich beschränkt sind, dass ingesamt eine Luftlinie-Entfernung von 22km besteht und der Empfang zwischen Häuserschluchten funktechnisch sowieso immer ein Problem darstellt, und dass die Zahl an Meshcore-Nutzer*innen, die die wenigen lauten Repeater einer Stadt nutzen, zunimmt, dann ist diese Holperigkeit zu verschmerzen. Es gilt aber auch: Eine Nachricht nur einmal zu einem Empfänger in die Gartenstraße hin zu transportieren bedeutet, dass ungefähr nur die Hälfte der Kette für den Moment des Hintransports halten muss, was die Wahrscheinlichkeit der Ankunft einer Nachricht schon mal verbessert. Und zugleich lernt man bei ernsthafter Anwendung, dass eine gelingende Kommunkation, vom Sender initiiert, drauf angewiesen ist, dass ein "ok, hab empfangen" vom Empfänger zurück geschickt werden kann.


Abb. 15: Konfiguration von 4 Geräten
Weihnachtsgeschenke für Freunde

Zuletzt: Ich gucke auch gern mal in die Logdaten, in denen mitgeschrieben wird, was in meinem Funkgerät alles passiert, was einem nicht angezeigt wird. Vorsicht: Verlässt man die App, werden diese Logdaten gelöscht. Man kann in diesen Logdaten bspw. erkennen, über welche Repeater Nachrichten weitergeleitet wurden. Die Rekordanzahl an hops war lange Zeit 37, dann, in einer Nacht mit Überreichweiten waren es häufig 25 und mehr, und einmal war es eine Liste mit 56 Repeater-Einträgen. (Logdaten: Drei Punkte rechts oben antippe dann "Tools" dann "Rx Log"). Meshcore-Nachrichten verlieren mit jedem Weiterreichen an Qualität, die wesentliche Qualität eines Funksignals ist der Signal-Rauschabstand, SNR, wobei ein SNR von 0 bedeutet, dass das Signal und das Rauschen etwa gleich deutlich sind. Signale dürfen so zwischen -13dB und +13dB liegen, um in Texte verwandelt werden zu können. Bei den traces werden diese Messwerte ausgegeben.

Es gäbe noch einiges mehr anzusprechen.

Fazit: Es handelt sich bei Meshcore, den Funkgeräten und der App, nicht um ein Consumer-Produkt; man muss sich damit, wenn es funktionieren soll, schon ein wenig beschäftigen. Aber ein Nerd muss man dafür nicht sein.